Filmkritik mit Yannic
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12 Years a Slave

(UK/USA/2013, 134 Minuten, Drama/Biographie/Historie, FSK 12)


„Ich will nicht überleben, ich will leben!”1


Solomon Northup (Chiwetel Ejiofor) war ein freier Mann, bis er im 19. Jahrhundert entführt, misshandelt und verschleppt wurde. Vom US-Bundesstaat New York führte sein Weg über Washington D.C. direkt in den Süden nach New Orleans, wo Sklaverei noch genauso auf der Tagesordnung stand wie der gemeinsame Gang zur Kirche. Getrennt von seiner Familie gerät Solomon durch die Hände verschiedenster Sklavenhalter und muss besonders den Zorn des trinkenden und launischen Masters Edwin Epps (Michael Fassbender) erdulden. 12 Jahre lang, daher auch der Titel „12 Years a Slave“, erfährt er was es heißt Sklaverei am eigenen Leib zu erleben, doch eines verliert er nie – den Glauben seine Familie wiederzusehen.
Das amerikanische Tabuthema der Sklaverei wurde in der letzten Oscar-Saison gepaart angesprochen, mit „Django Unchained“ lieferte uns Quentin Tarantino („Pulp Fiction“) eine Art Satire über Sklaverei verpackt in einen Western, Steven Spielbergs („Jurrasic Park“) „Lincoln“ sprach die Befreiungspolitik eines Abraham Lincoln an und nun erleben wir 2014 im Kino so realistisch wie noch nie was Sklaverei wirklich war und immer noch ist, denn man darf nicht vergessen, dass Sklaverei auch in der Dritten Welt und selbst in Teilen unseres Lebens immer noch unmenschlich praktiziert wird. 



                                                                                                               ©huffingtonpost.com


Die virtuose Regie des Briten Steve McQueen („Hunger“, „Shame“), nicht zu verwechseln mit der amerikanischen Schauspiellegende aus „Papillion“ (1973) oder „Die glorreichen Sieben“ (1960), fängt mit einer unschlagbaren Belichtung und schlichten aber brillanten Kameraeinstellungen die Sümpfe Louisianas einmalig ein. In 135 Minuten zeigt McQueen realistisch die Qualen und Brutalität der damaligen Zeit, er traut sich länger als typisch auf Grausamkeit draufzuhalten und offenbart menschliche Abgründe, wenn z.B. eine junge Sklavin ausgepeitscht wird und in der letzten Kameraeinstellung dem Zuschauer alle Ausmaße der Gewalt präsentiert werden.
Durch den Film zieht sich die antithetische Musik des deutschen Filmkomponisten Hans Zimmer, unbegreiflich, dass für diesen brachialen und epochalen Score wie schon bei „Gladiator“ wieder kein Oscar rausgesprungen ist, da ihm nicht einmal eine Nominierung bei den Academy Awards 2014  zugesprochen wurde.
Doch all dies, Regie, Musik und Inszenierung von Weltklasse stehen hinter der einmaligen und übermäßig ergreifenden Geschichte aus der Buchvorlage, „12 Years a Slave“ ist der emotionalste Film seit Jahren und sentimental sowie abgründig zugleich, denn er zeigt humanistische Liebe auf und rüttelt unterdessen parallel an den Manifesten des menschlichen Daseins.



                                                                                                              ©filmtogo.net


Eines oder das beste schauspielerische Ensemble des Kinojahres ist gespickt mit Charaktermimen von aller höchstem Niveau, wenn Gesichter wie Produzent und Darsteller Brad Pitt („Oceans Eleven“), ohne den das Projekt wahrscheinlich nur schwer hätte finanziert werden können, oder Benedict Crumberbatch („Sherlock“) oscarreif spielen und dennoch keine Chance gegen ihre eigenen Kollegen haben, spricht dies mehr als nur für sich selbst, denn der Deutsch-Ire Michael Fassbender („Hunger“, „Shame“, „The Cousnelor“) als vertrunkener Sadist Edwin Epps sticht alle Nebendarsteller aus. Wenn Fassbenders Verkörperung der Tortur des Edwin Epps nicht würdig für einen Oscar ist, weiß ich auch keinen Rat mehr. Hauptdarsteller Chiwetel Ejiofor („2012“) wäre ebenso eine überaus perfekte Wahl auf einen Oscar gewesen, mit Mimik führt er minutenlang stumm durch ganze Szenen, die keine Sekunde lang nicht fesseln, schockieren oder berühren, teilweise alles sogar zur selben Zeit, wenn Solomon beispielsweise geschlagene fünf Minuten auf Zehenspitzen am Galgen tänzelt scheint die aus nur wenigen Sichten gedrehte Aufnahme nicht großartig wesentlich, doch mit der Zeit und der Handlung der Menschen hinter Solomon öffnet sich der wahre Schlund dieser Situation, da den anderen Sklaven gewissermaßen die Hände gebunden sind, weil ihnen bei Hilfe eine ähnliche Strafe droht. Doch auch den Frauen sei gewürdigt, die blutjunge Lupita Nyong'o („Non Stop") spielt sich gleich mit ihrer ersten Hollywood-Rolle die begehrteste Schauspielertrophäe der Welt ein. 
„12 Years a Slave“ erdrückt einen als Film auf positive Weise und ist erschütternd gut. Die Geschichte ist einfach gesagt wuchtig, brachial, niederschmetternd. Wie ein Vorschlaghammer wirkt „12 Years a Slave“ und zieht einen den Boden unter den Füßen weg. Die Stufe der Emotionalität kann nur mit „Schindler Liste“ oder „Die Verurteilten“ verglichen werden.

@Yannic Drechsler





Trailer unter:

www.youtube.com/watch?v=yz5Tq-O36VU

1Tobis: „12 Years a Slave“
Trailerbild: ©youtube.com


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